Im technisch-wissenschaftlichen Kontext kann die deutsche Sprache äußerst präzise einen Gegenstand beschreiben und so definieren, dass er nicht verwechselt wird. Die Umgangssprache verwässert dies jedoch immer wieder, so dass sich permanent Unklarheiten einschleichen können, die schnell zu Missverständnissen führen. Insbesondere bei der Bezeichnung von CFK kommt es immer wieder zu Ungenauigkeiten – insbesondere dann, wenn man das Material einfach Carbon nennt.
Karbon – Carbon – Kohlefasern: Was ist was?
Carbon ist zunächst einmal nichts anderes als die englische Bezeichnung für Kohle. Grillbriketts können deshalb ebenfalls so bezeichnet werden. Weiterhin existiert das deutsche Wort „Karbon“, das jedoch eher selten verwendet wird, wenn man von Faserverbundwerkstoffen aus Kohlenstofffasern spricht. Als treffsicherste Benennung erweist sich „Kohlenstoff“. Dabei handelt es sich um eines der vielseitigsten Elemente, die es überhaupt gibt. Natürliche und künstliche Varianten sind beispielsweise Anthrazit, Graphit und Diamant.
Kohlenstoff eignet sich aufgrund seiner spezifischen molekularen Eigenschaften zur Herstellung von hoch innovativen Werkstoffen. Das Element bildet sechseckige Moleküle, die sich zu Röhren, Bällen oder Netzen anordnen lassen. Die Eigenschaften von Carbonballs, Carbontubes (auch Nanotubes genannt) oder Graphen (Kohlenstoffe in einer Netzstruktur) werden gerade erst erforscht. Man verspricht sich aber Enormes von diesen neuen Darreichungsformen von Kohlenstoff.
Carbon oder Karbon?
Der englische Begriff „Carbon“ lässt sich problemlos mit dem deutschen Wort „Kohlenstoff“ übersetzen. Dem entsprechend sind alle Produkte, die aus Kohlenstoff bestehen, auch als „Carbon“ nennbar. Das macht die Unterscheidung jedoch nicht leichter. Um präzise einen Werkstoff beschreiben zu können, sollte deshalb stets die korrekte Benennung verwendet werden. So vermeidet man Missverständnisse und die Wahrscheinlichkeit genau das zu bekommen, was man sich wünscht, ist wesentlich größer.
Das deutsche Wort „Karbon“ hingegen bezeichnet eigentlich nur das Erdzeitalter, in dem die Pflanzen gelebt haben, aus denen die heute vorkommende Kohle stammt.
Dieses 60 Millionen Jahre andauernde Zeitalter begann vor ca. 360 Millionen Jahren. Als Betitelung für einen Werkstoff ist es im deutschen Sprachraum offiziell nicht in Gebrauch. Mit der Zeit hat sich das griffige „Carbon“ zur Bezeichnung von Kohlenstofffaser-Produkte wie CFK in der Alltagssprache durchgesetzt. Doch da fangen die Probleme an.
Vorsicht vor ungeschützten Bezeichnungen
Solange ein Ausdruck nur vage definiert ist, öffnet sie kleineren bis größeren Betrügereien Tür und Tor. Das bis heute auf vielen Werkzeugen prangende „Chrom Vanadium“ bedeutet so keineswegs, dass es sich hierbei um ein zuverlässiges Stück aus hochfestem ChrV-Stahl handelt. Es heißt lediglich, dass die verwendete Legierung eine messbare Menge Chrom und Vanadium enthält. Genauso verhält es sich mit den heute so inflationär verwendeten Carbon-Werkstoffen. Sobald die oberste Lage erkennbar aus Kohlefaser-Gewebe besteht, darf ein so gefertigtes Bauteil als „Carbon“-Werkstück bezeichnet werden. Sogar die Benennung als „CFK“ ist erlaubt.
CFK, GFK, Composites?
CFK ist die Abkürzung für kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (im Englischen „carbon-fiber-reinforced polymer“). Fälschlicherweise wird dieser Werkstoff gerne abgekürzt als kohlefaserverstärkter Kunststoff, was allerdings alles andere als exakt ist. Kohle ist eben nicht Kohlenstoff, sondern nur eine seiner Erscheinungsformen. Schließlich werden Kohlenstofffasern nicht aus Kohle, sondern aus gasförmigem Kohlenstoff hergestellt.
Die Synthetisierung der Fasern ist ein äußerst aufwändiger und komplexer Prozess, was die Endprodukte auch verhältnismäßig teuer macht. Die wesentlich billigeren Glasfasern, die bei GFK verwendet werden, sind einfacher herzustellen. Jedoch haben Sie auch nicht die gleichen technischen Eigenschaften wie Kohlenstofffasern. Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff ist dementsprechend teurer als GFK. Ihre wahre, universelle Verwendbarkeit erreichen beide Fasermaterialien erst in der Darreichungsform der Composites.
Verarbeitung zu hochwertigen Verbundwerkstoffen
Zu einem Verbundmaterial werden die Kohlenstofffasern erst, wenn sie mit einem Trägerharz vermischt werden. Bei der Verbundstoffherstellung werden die aus Kohlenstoffgas ausgeschmolzenen Carbon-Endlosfäden zunächst zu lockeren Filamenten und Garnen versponnen und anschließend zu Matten verwebt. Anschließend werden die Matten aufeinander gelegt und mit Harz durchtränkt.
Bei individuell gefertigten Produkten werden die Faserverbundwerkstoffe schichtweise und überlappend verarbeitet.
In der Halbzeug-Industrie werden Vakuum-Verfahren angewendet, um die gewünschten Vollmaterialien so effizient wie möglich herzustellen. Dabei werden die Faserverbundwerkstoffe so verarbeitet, dass gleich mehrere Schichten aus Kohlenstofffasern gleichzeitig mit dem Harz durchtränkt werden. Nach dem Aushärten entstehen Werkstoffe aus CFK, die genau zu den geforderten technischen Eigenschaften passen. Diese werden in verschiedenen Darreichungsformen hergestellt und angeboten. Etwaige Formen wären etwa CFK-Platten oder CFK-Profile. Letztere sind gewickelt oder pultrudiert erhältlich.
Carbon als Synonym zu CFK ist im Alltag, auch in der Industrie, mittlerweile so weit verbreitet, dass es schwierig ist, diese Betitelung gänzlich zu vermeiden.
Halbzeuge aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff
Halbzeuge, die aus CFK bestehen, präsentieren sich in unterschiedlichen Formen für viele verschiedene Anwendungen.
Carbon-Rohre und Profile
Rohrförmige Profile aus Kohlenstoffgeweben werden aus gerollten Matten, aus Prepregs, in Wickeltechnik oder durch Pultrusion hergestellt. Carbon-Rohre aus gerollten Matten sind dabei die preiswerteste Variante. Sie eignen sich besonders für individuelle Werkstücke in beliebiger Größe. Die Wickeltechnik kombiniert das Aufspinnen der Fäden mit dem Einharzen. Bei der Pultrusion verlaufen die Kohlenstofffasern der Profile alle parallel in die gleiche Längsrichtung. Prepreg- Rohre sind besonders ästhetisch, weil bei ihnen die gewebte Struktur von außen sichtbar ist. Diese Werkstoffe können auch hervorragend geschliffen und poliert werden.
Neben den Rohren sind etliche weitere Profile erhältlich, beispielsweise Flachstäbe oder Vierkantstäbe aus CFK und viele mehr. Bei ihnen kommt zumeist das Pultrusionsverfahren zur Anwendung. Hierbei werden die Fasern durch eine Matrize gepresst und gleichzeitig mit Harz durchtränkt. Eine Bestrahlung mit UV-Licht beschleunigt den Prozess der Aushärtung, so dass effizient große Mengen der gewünschten Profile hergestellt werden können.
Der Vorteil von diesem Verfahren ist, dass es nur auf den Querschnitt der Matrize ankommt, wie das Profil ausgeformt wird. Diese Form der Herstellung ist deshalb die ideale Umsetzung der Faserverbundwerkstoffe für besonders individuelle Anforderungen.
Carbon-Platten
Platten werden durch mehrere Schichten übereinander gelegter Matten hergestellt. Sie liefern hoch belastbare Blockmaterialien, die sich durch eine hohe Festigkeit und Unempfindlichkeit gegen äußere Einflüsse auszeichnen. Die aus der -Industrie angebotenen Halbzeuge werden meist im Vakuum-Verfahren hergestellt. Die Platten aus Kohlenstofffasern sind im Formenbau sehr beliebt. Sie überzeugen durch ihre präzise Bearbeitbarkeit und können auch enge Toleranzen gewährleisten. Rein konstruktiv sind die Platten ebenfalls gut verwendbar. Aufgrund ihrer hochfesten Zug- und Biegefestigkeit können sie auf für allgemeine statische Bauelemente eingesetzt werden.
Besonders vorteilhaft an den Platten aus CFK ist, dass sie punktgenau auf die gewünschten technischen Eigenschaften hin konfiguriert werden können. Dies reicht bis zur Dicke der Fasern, ihrer Menge und ihrer Webart. All diese Faktoren können die Belastbarkeit der Platten in eine gewünschte Richtung lenken.
CFK ist nicht Carbon
Wie Sie sehen, gibt es große Unterschiede zwischen CFK und Carbon bzw. Kohlenstoff und die Synonyme Verwendung ist alles andere als korrekt. Auch wenn im Alltag Halbzeuge gerne als Carbon Profile- oder Platten bezeichnet werden, schadet es sich nicht, den Differenzen bewusst zu werden und über die technisch präzischen Termini Bescheid zu wissen.